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Aktion: Dumme Fragen gibt es nicht, nur blöde Antworten?

Oft trauen wir uns nicht, einfache oder komplizierte Fragen zu stellen, obwohl wir zu gerne die Antwort wissen wollen. Wir haben vielleicht Vorbehalte gegen den anderen, kennen keinen Menschen mit Behinderung oder denken „So etwas kann ich doch nicht fragen“. Machen wir es wie die Kinder, die ungeniert und voller Ernst ihre Fragen einfach herausposaunen!  

Wir laden Sie ein: Stellen Sie Ihre Fragen an Menschen mit Behinderung! Fragen könnten zum Beispiel sein:

  • Träumen blinde Menschen?
  • Hören gehörlose Menschen wirklich nichts?

Alle Fragen und Antworten werden vertraulich und ohne vollständigen Namen oder Ort veröffentlicht. Fragen, die diskriminierend oder verletzend sind, ignorieren wir. Wir sammeln Ihre Fragen, leiten Sie an Kollegen oder Partner mit Behinderung weiter und veröffentlichen sie an dieser Stelle.

Senden Sie uns Ihre Frage zu an: info@inklusionsnetzwerk-sachsen.de

Sie können auch unsere Postkarte "Dumme Fragen gibt es nicht, nur blöde Antworten"  verwenden, ausdrucken und uns per Post zu senden.
 


 

Fragen & Antworten

Antwort einer Rollstuhlnutzerin aus Grimma:

"Ich finde das Leben mit einer Behinderung anders, aber nicht schwieriger. Ich glaube, pauschal kann man das nicht sagen. Wichtiger ist, dass man nicht 'behindert wird' - z. B. als Rollstuhlfahrer durch Stufen vor Häusern, Geschäften und Bussen oder Zügen. Daran müssen viele noch arbeiten. Ich finde es wichtig, dass alle miteinander sprechen und Dinge klären oder auch Hilfen geben."

Antwort der Mitarbeiter*innen vom Verein: Landes-Arbeits-Gemeinschaft Selbsthilfe Sachsen:

Antwort 1:
Manchmal schaue ich nur auf den Unter-Titel, dann vergesse ich den Film zu schauen.
Daher stören mich Unter-Titel.
Unter-Titel sind aber wichtig für andere Menschen.
Mit Konzentration blende ich den Unter-Titel aus.

Antwort 2:
Nein, Unter-Titel stören nicht,
Unter-Titel erinnern, dass es zum Beispiel gehörlose Menschen gibt.
Unter-Titel sind auch praktisch, wenn ich etwas nicht richtig verstehe, lese ich es.
 

Antwort 3:
Nein, Unter-Titel stören nicht.
Zu Beginn des Filmes muss ich mich konzentieren.
Es darf mehr Filme mit Unter-Titel geben.

Antwort von André Brendle (sehbehindert), activ leben e.V. in Zwickau:

"Es gibt nicht nur das Eine oder das Andere. Die Audiodeskreption ist wichtig bei Filmen und Videobeiträgen, in Kinos und Theatern oder auch für Sportveranstaltungen oder auch Reportagen im TV. Bei der Audiodeskription werden Bildinhalte für blinde und seheingeschränkte Menschen per Audiokommentar beschrieben. Die Brailleschrift ist wichtig für Kennzeichnungen, Beschriftungen zur Orientierung in Gebäuden oder in Fahrzeugen im ÖPNV. Die Brailleschrift ist wichtig für eine barrierefreie Kommunikation von blinden Menschen und auch für den Zugang zu digitalen Informationen."

Frage komplett: Träumt ihr manchmal davon, in einem super hohen Rollstuhl herumfahren zu können, um anderen Menschen auf gleicher Höhe in die Augen sehen zu können oder ist es viel cooler in einem tiefliegenden Rollstuhl loszudüsen? Schließlich sind tiefliegende Autos auch die schnittigeren und die begehrteren Autotypen.

Antwort einer Rollstuhlfahrerin aus Roßwein:

"Erstaunlicher Weise sitze ich in meinen Träumen nie im Rollstuhl, aber wenn ich davon träumen würde, möchte ich lieber im tiefliegenden Rollstuhl losdüsen, weil es eben viel cooler ist."

 

 

Frage komplett: Ich habe gelesen, dass euer Gehör besser trainiert ist; Wenn ihr sogar ganz leise Geräusche hört, stört es euch dann, mit vielen Menschen in einem Raum zu sein, wenn ihr euch konzentieren müsst? Oder vielleicht könnt ihr euch sogar vergleichsweise besser konzentrieren, weil euch herumfuchtelnde Menschen kalt lassen...? 

Antwort von Sebastian Schulze, Leipzig:

"Also ich, der Sebastian, bin aufgrund einer Erbkrankheit spät erblindet, weshalb mein Gehör nicht besser ist, als das Gehör von nicht-blinden Menschen. Deshalb stört es mich sehr, wenn sich viele Menschen in einem Raum befinden und dann auch noch durcheinander reden. Meine Konzentration fällt mir dann schon sehr schwer. Im Grunde ist es genauso wie bei schlechten Talkshows, wo die Moderation versagt und alle durcheinander quatschen, sich permanent unterbrechen und auch oft die Stimme unangenehm erheben. Was ich damit verdeutlichen will: Mir als späterblindeter Mensch ist es immer angenehmer, wenn nicht so viele Menschen auf einmal reden und jeder die anderen zu Wort und Ende kommen lässt, bevor ein weiterer sein Wort erhebt. Rumfuchtelnde Gliedmaßen von Rednern haben mich auch zu sehenden Zeiten nie gestört. Da guckt man eben einfach weg oder gibt einen Hinweis bzw. Tipp. Kleine und für sehende Menschen unauffällige Geräusche stören mich jetzt nicht so sehr. Ganz besonders schlimm sind für mich aber Schuhabsatzgeräusche eines Referenten oder einer Referentin. Wenn man nämlich meint, man müsste beim Referieren immer und permanent hin-und herlaufen, dann sollte man sich Turnschuhe oder am besten nur dicke Strümpfe, die eben keine Absatzgeräusche verursachen, anziehen oder sich bemühen, sich auf einen Stuhl zu setzen und keine unnötigen und nervenden Nebengeräusche zu verursachen".
 

 

Frage komplett: Träumt ihr, wenn ihr schon immer blind ward, dann nur in Geräuschen und Gerüchen?

Antwort von Sebastian Schulze, Leipzig:

"Diese Frage kann ich als späterblindeter Mensch leider nicht beantworten. Ich war zu sehenden Zeiten immer ein sehr visuell orientierter Mensch und träume dann von bzw. mit Bildern aus meiner Erinnerung. Meine Träume sind so wie eine Reise in die sehende Vergangenheit. Natürlich habe ich auch besondere Gerüche und Geräusche im Kopf, die mein Gehirn mir dann reproduziert. Zu nennen wären da beispielsweise der Geruch meines damaligen Kinderzimmers, der Geruch und die Geräusche von Venedig (In der Nähe von Venedig habe ich zu sehenden Zeiten viele Monate mal gelebt und war deshalb oft in dieser Stadt.) oder das Geräusch eines Hochseesturms, den ich zu sehenden Zeiten mal auf einer Mittelmeerfähre erleben durfte. Dies und vieles mehr ist in meinem Kopf, wird in Träumen oft reproduziert und ist auch für mich als blinden Menschen im Traum erfahrbar.

 

 

Frage komplett: Einmal habe ich einem Rollstuhlfahrer, der eine schwere Tasche auf den Bordstein zu hieven versuchte, gefragt, ob ich ihm behilflich sein kann. Er antwortete, dass er das schon allein schaffe. Das hat er bestimmt auch, allerdings war ich später verunsichert, ob ich irgendwie suggeriert habe, dass er hilfsbedürftig wäre, nur weil er im Rollstuhl sitzt. Das wollte ich nicht und ich möchte fragen, ob es besser ist, Hilfe anzubieten oder lieber nicht.

Antwort einer Rollstuhlfahrerin aus Roßwein:

"Ich denke man kann sicher einem Rollifahrer Hilfe anbieten, warum nicht. Dies zu tun, ist doch eine schöne Geste und sollte nicht negativ gewertet werden. Ob man dann die angebotene Hilfe annimmt, ist doch nicht entscheidend. Man kann mit einem Lächeln dankend ablehnen und sich über das Angebot freuen."

 

Antwort von drei Frauen aus Kleinwachau/Radeberg:

"Vielleicht, wenn man krank war. Ansonsten wüsste ich auch nicht."
 

Antwort: Gehörlosenzentrum Zwickau e. V.

"Nein. Wir gehörlose Personen wissen, dass die Gebärdensprache und die Lautsprache unterschiedlich sind. Es gibt einfach sprachliche und kulturelle Unterschiede."

 

Antwort von einem Orthopädietechniker aus Dresden:

„Hallo Marie, vielen Dank für die Frage zu den Prothesen. Bei der Vorstellung von alten Bildern von Prothesen bspw. vor dem 2.Weltkrieg kommt auch mir imme  ein mulmiges Gefühl auf, was das Thema betrifft. Wenn heute Prothesen gut gearbeitet sind, drückt da aber in der Regel nichts und unsere Kundinnen/Kunden können den ganzen Tag damit unterwegs sein, arbeiten und Sport machen. Es besteht sogar ein gesetzlicher Anspruch auf eine wasserfeste Prothese, welche mit zum Duschen, Baden usw. genutzt werden kann. Somit ist fast keine Limitierung in Arbeit und Freizeit mehr vorhanden.

Der Druck, der durch die Körperlast entsteht, wird durch eine sehr gute Passform und das Material abgefangen, in dem der Stumpf steckt. Vielfach wird heute Silikon verwendet, welches stoßabsorbierend wirkt. Aber das allein reicht nicht aus. Der Orthopädietechniker muss genau wissen, welche Areale er als Stütze heranziehen kann und welche keinen Druck vertragen. Das fließt alles in die Schaftgestaltung ein. Auch der Fuß spielt eine Rolle, heute kommen meist ausschließlich Carbonfüße zum Einsatz, welche zum einen Energie aufnehmen und auch wieder beim Abstoß abgeben. Somit ist das Laufen auch kraftsparender. In der Regel wird auch eine Testversorgung gebaut, so daß man ausprobieren kann, ob alles in Ordnung ist, oder noch angepasst werden muss. Erst wenn das ok der/des Kundinnen/Kunden kommt, wird der endgültige Hartschaft, der meist aus Carbon gebaut wird, hergestellt. Für die ganz „harten Mädels und Jungs“ gibt es auch Stoßabsorber, die in die Prothese eingebaut werden können.  amit können Kunden sogar mit Oberschenkelprothesen vom Stuhl herunterspringen, ohne das was wehtut. Das ist in der Regel aber nicht notwendig. Für einige Kundinnen/Kunden ist es auch sinnvoll mit einem Vakuum zu arbeiten. Dabei wird bei jedem Schritt Luft aus dem Schaft gedrückt, die Prothese hält besonders gut und nicht wenige Kunden können damit genau spüren wo bspw das Steinchen unter dem Prothesenfuß liegt. Und das finden Sie gut, da sie eine gesteigerte Wahrnehmung  darüber haben, wie die Bodenbeschaffenheit ist.

Bei aller Euphorie über die technischen Möglichkeiten ist selbstverständlich zu berücksichtigen, das der Körper sich permanent ändert. Als Nichtamputierter merkt man häufig nicht, ob das Bein jetzt dicker ist oder nicht. Zum Verständnis weise ich darauf hin, dass bei vielen Menschen die Füße am Nachmittag eher geschwollen sind. Dieses Phänomen ist durchaus bekannt und gut verständlich auf die Betroffenen übertragbar. Je nachdem, welche Tageszeit ist und was getan wird, kann sich der Stumpf auch ändern. Hier sind Kundinnen/Kunden und Techniker gefragt, auf diese Volumensschwankungen zu reagieren. In der Regel ist das nicht allzuviel und die Betroffenen können sich helfen, indem sie das Volumen im Schaft selbst verändern, z.B. mit Ausgleichsstrümpfen. Bei großen Volumensschwankungen müssen wieder andere Techniken zum Einsatz kommen. Das ist schwieriger, aber auch da gibt es Möglichkeiten, Vakuum, aufblasbare Luftkammern oder einstellbare Klappen sind nur ein paar Beispiele. Wenn allerdings dauerhaft eine Pothesenschaft bspw zu viel Luft enthält und „klappert“, dann ist zuerst eine Anpassung durch den Techniker unabdingbar, da hier sehr wahrscheinlich Druckstellen entstehen werden. Ist sehr viel Luft im Schaft sollte über eine passende Neuversorgung nachgedacht werden.

Selbstverständlich deckt meine Antwort nicht alle Fragestellungen ab, dafür ist das Thema viel zu komplex. Aber ich hoffe, ich konnte einen kleinen Einblick geben. Wenn es um konkrete Fälle im Bekannten- und Familienkreis geht, wenden Sie sich doch gern an die nächste Orthopädietechnikwerkstatt; manchmal kann auch eine Zweitmeinung hilfreich sein.

Fazit: Prothesen sollten nicht drücken, es kann aber passieren. Hier sind erfahrene Techniker, die technischen Möglichkeiten und auch das Verhalten und Verständnis der/des Kundinnen/Kunden gefragt, um eine optimale Versorgung zu schaffen."

 


Antwort von Per Muenz:

"Eine pauschale, allgemein gültige Antwort gibt es auf die Prothesenfrage leider nicht, weil jeder Körper (einschl. individueller Befindlichkeit) natürlich anders reagiert und jede Amputation und Prothesenversorgung  sehr individuell ist.
Grundsätzlich werden bei Beinprothesen 3 Arten unterschieden:

  • Volumenprothese (Unter- oder Oberschenkel): Prothese wird auf der Basis eines Gipsabdrucks mit einem Schaft (Mindestlänge Oberschenkel etwa 15 cm, Unterschenkel etwa 10 cm) nur außen auf den auf den Stumpf so aufgesetzt wird, dass die Prothese auf dem Stumpf „saugend“ fixiert ist und die Körperlast vom gesamten Stumpfvolumen getragen wird
  • Endoprothese (Oberschenkel): In den Restknochen (mindestlänge etwa 15 cm) wird eine lange Metallschraube eingesetzt, an der die Prothese befestigt wird und die die Körperlast trägt. Der Prothesenschaft an der Stumpfaußenkontur dient nur zur zusätzlichen Fixierung
  • Hüftex- oder Beckenprothese: Wird mit einem nach Gipsabdruck geformten Beckenkorb (Plastik, Leder o. ä.) und zusätzlichem Beckengelenk auf den Unterkörper aufgesetzt und mit Tragegurt(en) am Köper fixiert.

Die Art der Versorgung entscheidet der Facharzt nach dem Umfang der erfolgten Amputation in der Regel gemeinsam mit der Orthopädiewerkstatt. Oft ist eine Zweitmeinung zweckmäßig, die wohl die Krankenkassen auch bezahlen. Die häufigsten Probleme nach Amputationen sind (neurologische) Phantomschmerzen (das Gehirn vermittelt den Eindruck, dass das amputierte Glied noch da ist und schmerzt). Das passiert auch ohne Tragen einer Prothese.

Beim Tragen einer Prothese sind Hautreizungen (Beulen, offene Stellen) typisch, weil speziell bei einer Volumenprothese ein geringes Hin- und Herrutschen der Prothese nicht vollständig zu vermeiden ist. An den Druck auf die Stumpf-Außenkontur gewöhnt man sich in der Regel relativ schnell. Es ist jedoch eine sorgfältige Hautpflege, vor allem das häufige Waschen des Stumpfes erforderlich.

Generell muss sich speziell bei einer Beinprothese der gesamte Körper (und auch das Gehirn) auf das „Ersatzteil“ einstellen. Das betrifft u. a. die Gewichtsverteilung und den Ablauf der erforderlichen Bewegungsvorgänge. Deshalb ist  eine Prothesenversorgung stets mit einer Rehamaßnahme verbunden. Moderne Prothesen unterstützen durch die integrierten Gelenke  die erforderlichen Bewegungsabläufe entweder rein mechanisch oder auch elektronisch. Grundsätzlich können moderne Prothesen das natürliche Glied weitgehend problemfrei ersetzen. Das gilt auch für aktive Arm-/Handprothesen (elektronisch über Nervenstränge bzw. Muskelkontraktionen gesteuerte Myoprothesen).

Obwohl dazu wohl keine sicheren statistischen Aussagen vorliegen, ist davon auszugehen, dass rund 75 % der einfach (d. h. an einem Glied) Prothesenversorgten damit gut zurechtkommen und sich selbst für die „normalen Lebensvorgänge“ nur wenig eingeschränkt fühlen. Bei Mehrfachamputationen ist das natürlich schwieriger.

Es gibt darüber hinaus viele Fälle, in denen eine Prothese eine besseres Gehen bzw. ein besseres Handling als natürliche Glieder mit vorhandenen Einschränkungen (z. B. Lähmungen, Verkürzungen, Schmerzsyndrome) ermöglicht."

 

Antwort von Christoph Marx / Luise Jahn, Landesfilmdienst Sachsen e.V.:

„Stellen Sie sich darauf ein, ganz verschiedene Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten, Wissen und Interessen zu haben ... Also wie immer im Unterricht! Nehmen Sie jede einzelne Person ernst, bringen Sie in Erfahrung, was jede und jeder an Hilfestellung braucht oder wünscht. Und dann: Fangen Sie einfach an und sammeln Sie gemeinsam Erfahrungen.“

 

Antwort von VERSO Dresden gGmbH:

"Bei Leichter Sprache oder auch Informationsangeboten in einer leicht verständlichen Sprache geht es nicht darum, das Vorlesen zu ersetzen. Es geht auch nicht darum, eine eventuelle Leseschwäche durch Vorlesen auszugleichen.

Vielmehr soll die eigenständige Teilhabe und der eigenständige Zugang zu Informationsangeboten ermöglicht werden.

Echte Teilhabe zu ermöglichen, ist eine der zentralen Herausforderungen, vor die sich unsere Gesellschaft in den letzten Jahren gestellt sieht.

Der Gesetzgeber hat entsprechend reagiert und Rahmenbedingungen dafür geschaffen, alle Menschen gleichermaßen an der Gesellschaft zu beteiligen.

Öffentliche Institutionen sind durch diese gesetzlichen Grundlagen verpflichtet, ihre Informationen auch barrierefrei anzubieten.

Barrierefreie Informationsangebote sollen also einen eigenständigen Zugang ermöglichen. Niemand soll für einen anderen Menschen entscheiden, was er ihm vorliest. Niemand soll in die Verlegenheit gebracht werden, jemanden um das Vorlesen bitten zu müssen.

Leicht verständliche Informationsangebote haben eine breite Adressat:innengruppe. Sie richten sich an Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder Leseschwäche, an Menschen mit Migrationshintergrund, die Deutsch erst lernen, aber auch an funktionale Analphabet:innen. Nur ganz wenige von diesen Menschen haben die Möglichkeit, sich Informationen überhaupt vorlesen zu lassen.

Im Übrigen haben Studien ergeben, dass auch Menschen, die zu keiner der genannten Adressat:innengruppen zählen, es zu schätzen wissen, wenn ein Text leicht verständlich ist.

Es wäre doch wirklich schön, wenn sich alle so ausdrücken würden, dass sie von möglichst vielen Menschen verstanden werden können. Erst dann kann von einer inklusiven Gesellschaft gesprochen werden, an der alle gleichermaßen beteiligt sind."

Antwort als PDF-Dokument

 

Antwort einer Frau aus Kleinwachau/Radeberg:

„Man kann das schon nachholen, wenn man in Kursen geht, sonst kann man das nicht nachholen. Ist jetzt schwierig damit umzugehen, wegen Corona. Aber das geht bestimmt bald wieder. Ich kann ja lesen und schreiben.“

 

Antwort: Rollstuhlnutzer aus Chemnitz

"Aus meiner Sicht und in meinem Fall - unbedingt ja. Das Lernen endet nicht mit der Absolvierung von Schule, Ausbildung, Berufsabschluss oder Studium. Das Erwachsenenalter danach ist die längste Bildungsphase. Es ist ein lebenslanges Lernen. Für einen Mensch mit einer Behinderung ebenso wie für jeden nichtbehinderten Erwachsenen.

Nach dem "jugendlichem, schulichen- und berufsbildenden Ausbildungsalter" wird der bestehende Ausbildungsweg und Prozess doch in jedem Fall fortgesetzt. Viele Menschen mit einer Behinderung gehen nach Schule und Ausbildung den erlernten Berufen nach. Bilden sich in den erlernten Berufsfeldern, am Arbeitsplatz, innerbetrieblich oder in berufsspeezifischen Kursen und Seminaren weiter. Es gibt dazu Angebote von staatlichen oder öffentlich-rechtlichen, gemeinnützigen, kommerziellen oder innerbetrieblichen Weiterbildungsanbietern.

Aus meiner Sicht:
Erwachsene Menschen mit einer Behinderung holen Ausbildungen, Bildung und Abschlüsse sogar öfter "später" nach. Schon allein durch die bestehende Behinderung und den Zeitaufwand für nötige Therapien, Reha- oder Krankenhausaufenthalte verlängert sich ggf. die "jugendliche Ausbildungsphase" sogar bis ins Erwachsenenalter hinein. In den von Menschen mit Behinderung ausgeübten Berufe und Tätigkeiten spielt auch sehr oft  EDV und IT-Technik eine Rolle. Technologie mit der man die sich selbst auch ständig weiterentwickelt. Menschen mit einer Behinderung habe ich im Arbeitsleben oft als Spezialisten in Sachen IT-Technik, Kommunikation in Wort und Schrift, Fremdsprachen, Gebärdensprache erlebt.

Neben dem Arbeitsleben, der erwerbstätige und berufliche Bereich ist doch das alltägliche Leben das breiteste Feld. In dem man sich als Erwachsener wiederfindet, bildet, bilden kann, bilden muss, bilden wird. Bewusst und noch vielmehr unbewusst. Ob man es gerade will oder ob es "einfach so"passiert.

Bewusst:
Wenn ich einen Koch-, Handwerks- oder Fremdsprachenkurs besuchen möchte. An einer Volkshochschule beispielsweise und dieses erworbene handwerkliche- oder sprachliche Wissen dann anwende.

Menschen mit einer Behinderung sollten in irgendeiner Form regelmäßige Therapien haben. In einem Therapie,-Sport,-Rehasportverein Mitglied sein. Sich in einem Verein oder einer Organistion möglicherweise sogar ehrenamtlich engagiert wiederfinden. Ob nun als Vereinsvorstandsmitglied, Kassenwart oder gar Trainer - wie in meinem Fall. Ein Trainerschein ist abzulegen und diese Lizenz ist regelmäßig durch Weiter- und Fortbildungen zu erneuern. Basiswissen in Vereinsrecht, Kassenführung und Weiterbildungen im Sportbereich bedeutet Schulbank drücken. Der eigenen Gesundheit, des eigenen Interesses wegen. Und auch die Menschen, die an solchen Angeboten, Vereinsleben, Sport usw. einfach teilnehmen - bilden sich weiter, verbessern sich. Beispielsweise in einem Spiel, beim Umgang mit einem Ball, im Erlernen von Tanzbewegungen, Bewegungsabläufen - ganz unbewusst, für sich selbst.

Unbewusst:
Findet man sich auch als Mensch mit einer Behinderung vielleicht  auch als Familenvater oder Mutter in einem Geburtsvorbereitungs- oder Babykurs wieder. Studiert Fachlektüre über den fachgerechten Anbau von Gemüse im eigenen Garten, lernt Kinderliedertexte auswendig und steckt im Grundschulwissen 1. bis 4. Klasse wieder ganz tief drin. Ohne dabei überhaupt zu bemerken, dass man eigentlich gerade "die Schulbank" drückt. Essen kochen sollte man spätestens dann schon können :-)