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Sabine und Franziska von Gemeinsam grün e.V., Leipzig

Sabine: Unser Hauptfokus ist das Thema Inklusion und der Austausch über das Gärtnern hinaus. Das ist notwendig und wichtig.

Gesichter der Inklusion

Mein Name ist Sabine Roßberg. Ich bin Mitbegründerin des Vereins gemeinsam grün e.V. und die Geburtshelferin des SALVIA-Bildungsgartens. Das Projekt hat sich über viele Jahre entwickelt. Am Anfang stand für uns nicht so sehr ein barrierefreier Bildungsgarten im Vordergrund. Es hätte auch eine MitMach-Kräutegärtnerei sein können. Wir kommen aus dem gärtnerischen und pädagogischen Kontext. Und wir interessieren uns besonders für Kräuter. Die Fläche ist nicht so einfach zu uns gekommen. 2018 haben wir das Angebot für einen großen Teil dieser Kleingartenkolonie bekommen, die völlig verwahrlost, verwildert und zugewachsen war. Viele Parzellen waren verlassen. Nach reiflichen Überlegungen von einem halben Jahr, bei der wir alles abgewogen haben, haben wir dann „ja“ dazu gesagt. Im März 2019 haben wir den Start mit dem SALVIA-Garten gewagt. In der Bildungsarbeit waren wir schon von Gründung an unterwegs. Wir sind in Kindergärten und Schulen gewesen und haben dort Seminare zu Kräutern und naturgemäßen Gärtnern durchgeführt. In unserer Arbeit wurde ein Aspekt immer wichtiger, alle Menschen an unseren Angeboten teilhaben zulassen. Es gibt allerdings viele Barrieren. Das kennen wir auch aus unserem beruflichen Kontext, wenn man mit Werkstätten für behinderte Menschen zu tun hat oder auch Bekannte hat, die eine Behinderung haben. Mit dem SALVIA-Bildungsgarten haben wir uns nun auf den Weg gemacht.

Das Ziel ist die Barrierefreiheit der Angebote auf der SALVIA-Fläche zu schaffen. Es war uns klar, dass wir das nicht in den nächsten Jahren erreichen werden. Aber wir versuchen Barrieren abzubauen. Die ersten Schritte haben wir in den zwei Jahren des Bestehens bereits gemacht. In unterfahrbaren Hochbeeten kann mitgegärtnert werden. Eine Teilfläche ist gepflastert und somit für Rollis besser befahrbar. Da kann Franziska mehr dazu sagen, da ich nicht im Rolli unterwegs bin. Wir sind auf dem Weg und haben noch genug zu tun. Die Verpächter sind daran interessiert, diesen Naturraum hier mit den Bäumen, Sträuchern und Stauden zu erhalten. Ansonsten haben wir freie Hand In der Gestaltung. Wir haben einige alte Bungalows abgerissen und viel Sperrmüll entsorgt. Für die Fläche bezahlen wir eine jährliche Pacht.

Franziska: Auch mit MS kann ich etwas in diesem Bereich bewegen. Also recherchierte ich nach Umweltbildungsmöglichkeiten, die barrierearm sind und entdeckte das Projekt SALVIA.

Franziska: Ich bin Franziska Stock. Ich bin seit März als Umweltpädagogin und Assistentin der Projektleitung angestellt. Ich bin Biologin und habe mich immer schon ehrenamtlich in der Umweltbildung engagiert. Mit 26 erhielt ich die Diagnose MS (Multiple Sklerose). Ich musste mich an viele neue Dinge anpassen und mein Leben neu sortieren. Unter anderem verschlechterte sich meine Gehfähigkeit peu a peu, so dass ich vor fünf Jahren auf den Rollstuhl umschwenken musste, um mobil zu bleiben. An Umweltbildung, wie ich sie einst ausübte, z. B. mit Kindern im Leipziger Auwald unterwegs sein, war vorerst nicht zu denken.

Im Zuge der Krankheitsverarbeitung und -akzeptanz, reifte in mir der Gedanke: Auch mit MS kann ich etwas in diesem Bereich bewegen. Also recherchierte ich nach Umweltbildungsmöglichkeiten, die barrierearm sind und entdeckte das Projekt SALVIA. Ich nahm Kontakt zu Sabine und Silke auf und bekundete mein Interesse, nicht nur digital vor dem Computer einen ehrenamtlichen Beitrag zu leisten, sondern auch vor Ort mitzuhelfen. Zu diesem Zeitpunkt, im Frühjahr 2019 war der Garten noch nicht zugänglich für Rollifahrer:innen. Der Elan und das Tempo mit dem die Räumungsarbeiten stattfanden, verdeutlichte mir jedoch, dass es bald möglich wäre, sich den Garten persönlich anzuschauen. Jetzt, zweieinhalb Jahre später ist so viel passiert.

Von Beginn an ließ ich Sabine und Silke wissen, dass ich gerne über die ehrenamtliche Tätigkeit hinaus ein festes Teammitglied des Vereins werden wollte. Die Idee fand Anklang, nur die Finanzierung einer Anstellung musste sichergestellt werden. Wir griffen auf die Unterstützung der Agentur für Arbeit zurück, um meine Stelle zu schaffen. Dies nahm ich bereits in meiner vorherigen Anstellung in Anspruch. Damals war ich Assistentin der Geschäftsführung für ein Musikfestival, welche ebenfalls im Rahmen der „Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Schwerbehinderung“ von der Agentur für Arbeit gefördert wurde.

Neben der administrativen Arbeit, die momentan den überwiegenden Arbeitsumfang einnimmt, werden wir, sobald Corona es wieder intensiver zulässt, Umweltbildung betreiben. Hier bringe ich meine Expertise mit ein. Ich bin spezialisiert auf Entomologie, also Insektenkunde. Ursprünglich wollte ich Primatologin werden um Forschung an Menschenaffen zu betreiben. Erfahrung sammelte ich in diesem Bereich während meiner Masterarbeit. Meine Bachelorarbeit schrieb ich über Libellen. Die Faszination für die kleinen Tiere war geweckt und ich in sie verliebt.

Sabine: Wir wünschen uns, dass die Leute weggehen und sagen: Ah, dieses Wohlsein, das Relaxen können in der Natur, die Erlebnisse im SALVIA-Garten sind herrlich.

Sabine: Corona hat natürlich, wie bei vielen Menschen, Arbeitsabläufe immens verändert. Es hat einiges an Bildungsarbeit im Garten gebündelt. Normalerweise sind wir auch in Schulen und Kindergärten unterwegs. Das gab es dann gar nicht. Allerdings sind Schulen zu uns gekommen, wo es Lockerungen gab. Das dritte Mal findet dieses Jahr ein internationales Workcamp statt, welches auch immer mehr eine inklusive Ausrichtung hat. Dass wir 2019 so viele Menschen hier hatten, das war ein großer Push für uns. Sie haben uns enorm viel geholfen. Sie kamen aus der ganzen Welt, aus Mexiko, aus China, aus Japan, aus Russland, aus Tschechien usw.

Wir haben von Anfang an Förderschüler einer Förderschule mit eingebunden, auch schon zum Workcamp 2019. Inzwischen haben sich Kontakte zu unterschiedlichen Schulen aufgebaut. Die Förderschule, die immer im Workcamp dabei ist, kommt nun auch während der Saison regelmäßig. Bei den Work-Camps haben wir einen Kooperationspartner, die Villa Leipzig. Sie organisieren alles ringsherum, was die Übernachtungen und Verpflegung betrifft. Die Übernachtungen sind in Leipzig-Stötteritz in der Senf-Bude.

Für das Camp stellen wir uns immer konkrete Ziele. Es wird nicht nur gearbeitet. Es bleibt Zeit, um den Naturraum im SALVIA-Garten zu erleben und zu genießen. Wir wünschen uns, dass die Leute weggehen und sagen: Ah, dieses Wohlsein, das Relaxen können in der Natur, die Erlebnisse im SALVIA-Garten sind herrlich. Deswegen ist Franzi unschätzbar wichtig im Team. Viele Tiere und Pflanzen lernen wir durch sie kennen. So bemühen wir uns weniger zu zerstören und erweitern stetig unser Wissen. Die Förderschüler arbeiten gemeinsam mit den Camp-Teilnehmern in Teams zusammen. Sie begegnen sich dadurch auf Augenhöhe. Zuerst lernen sie sich beim Frühstück n der Förderschule kennen. In der zweiten Work-Camp-Woche treffen sie sich dann bei der Arbeit im SALVIA-Garten wieder. Prinzipiell ist unser Ziel: Menschen mit und ohne Behinderung im Garten zusammenzuführen. Wir müssen noch einen weiten Weg bewältigen ehe wir den Garten weitestgehend erschlossen und barrierearm gestaltet haben. Bislang haben wir schon so viel geschafft, dann werden wir auch das noch schaffen.

Franziska: Behinderung ist so individuell! Wir können uns an DIN-Vorschriften halten und abarbeiten. Aber man muss es trotzdem noch einmal individuell austesten und anpassen.

Franziska: Sabine und Silke haben sehr viel Erfahrung in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung. Sabine hat in einer Werkstatt für behinderte Menschen gearbeitet. Aber was die Geh-Einschränkungen angeht, da bin ich die perfekte Ansprechpartnerin, die alles im Garten austesten kann. Wir hatten aber gerade auch zwei Mitarbeiterinnen vom „DZB lesen“ (Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen) zu Besuch, die uns bezüglich Barrierefreiheit für seheingeschränkte Menschen beraten haben. Für seheingeschränkte Menschen kann man Leitsysteme, die Beschilderung in Braille oder einfachere Übersichtskarten erstellen. Auch die Website barrierefrei zu gestalten, ist wichtig. Das ist auch in Zukunft umsetzbar. Wir wollen uns mit der Zielgruppe intensiver auseinandersetzen. Am sinnvollsten ist es immer die Zielgruppe direkt anzusprechen, zu befragen und austesten zu lassen.

Sabine: Du hast es sehr schön gesagt, Franzi. Man muss die Zielgruppe herholen und fragen: Was braucht ihr? Was müssen wir anpacken? Ich kann mir aus meinen Erfahrungen heraus immer einen schönen Plan machen. Aber der nützt mir ja nichts. Behinderung ist so spezifisch.

Franziska: Das wollte ich auch sagen: Behinderung ist so individuell! Wir können uns an DIN-Vorschriften halten und abarbeiten. Aber man muss es trotzdem noch einmal individuell austesten und anpassen. Ich habe beispielsweise andere Fähigkeiten als vielleicht ein anderer Rollstuhl-Fahrer, der mehr Kraft hat oder anders eingeschränkt ist. Ich denke, es ist wichtig zusammenzuarbeiten. Menschen mit und ohne Behinderung in den Austausch zu bringen, gemeinsam gärtnern, lernen und ausprobieren. Kompromisse muss man natürlich immer eingehen. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich war super viel in der Natur unterwegs, was sich als Rollifahrerin weniger einfach gestalten ließ. Und jetzt einen Ort zu haben, der barrierearm ist, wo man gärtnern kann, wo man teilhaben kann, das ist so wertvoll. Das hat man ganz selten. Es ist auch hier nicht alles barrierefrei. Aber der Wille, das KnowHow sowie die Offenheit dafür sind da. Es wird nicht von vornherein gesagt, „das ist uns zu kompliziert und zu teuer, ihr könnt nicht teilhaben“. Gemeinsam grün versucht es hier einfach möglich zu machen. Ich fühle mich aufgrund dessen wirklich willkommen. Das ist schön!

Der gepflasterte Weg fährt sich sehr gut. Die Kies-Wege sind für Rollifahrer:innen momentan nicht befahrbar, aber das wird sich noch ändern. Das aktuelle WC im SALVIA ist zwar barrierearm, aber noch nicht ganz auf mich persönlich angepasst. Eine nicht barrierefreie Toilette ist für mich meist der Hauptfaktor, warum ich nicht an Veranstaltungen teilnehmen kann. Da ich als Mensch mit Schwerbehinderung angestellt bin, fördert die Agentur für Arbeit den Umbau einiger Strukturen im Garten, die zur Barrierefreiheit betragen. z. B. eine barrierefreie Toilette oder Zugänge zu den Bungalows und in die Küche.

Klar helfen hier einem alle. Aber Barrierefreiheit heißt auch Selbstständigkeit. Das ist total wichtig. Es erleichtert auch die Arbeit und stärkt das Selbstbewusstsein, wenn man nicht ständig um Hilfe bitten muss. Auch andere Menschen profitieren erfreulicher Weise zukünftig von der Barrierefreiheit, die für meine Stelle im SALVIA geschaffen wird. Mit einigen Dingen muss man sich, wie auch im Alltag arrangieren. Z.B. erschwert schlechtes Wetter oder matschiger Boden das Rollifahren. Ich persönlich komme mittlerweile hier gut klar. Wir haben auch zwei unterfahrbare Hochbeete. In ihnen konnte ich alles selbst aussäen und somit als erste Rollifahrerin erproben, wie das Gärtnern im Hochbeet mit Rollstuhl funktionieren kann. Die Hochbeete sind echt toll.

Sabine: Für uns war von vornherein klar, unterfahrbare Hochbeete müssen sein.

Sabine: Das ist für uns auch spannend. Wir haben die Hochbeete und die Wegführung über das Programm „Lieblingsplätze“ gefördert bekommen. Für uns war von vornherein klar, unterfahrbare Hochbeete müssen sein. Wir haben uns noch nicht getraut, die Hochbeete selbstzubauen. Diese Exemplare haben wir gekauft. Sie kommen aus der Gegend von Dresden.

Franziska: Deutschlandweit gibt es dafür nur 2-3 Anbieter. Wir tauschen auch Informationen mit anderen Gemeinschaftsgärten aus. Der Gemeinschaftsgarten „Annalinde“ “ hat z.B. gefragt, wie wir das mit der Toilette lösen.

Sabine: Es ist interessant. In Leipzig gab es bislang keinen Garten für Alle. Ich weiß nicht, wie es in Dresden ist. Es gibt natürlich den Garten für Blinde und Seheingeschränkte des Botanischen Gartens, also so spezielle Gärten. Aber häufig gibt es da keine Toilette.

Sabine: Deswegen haben wir damals gesagt, wir machen uns auf den Weg und versuchen ALLE in den Garten einzuladen. Später haben wir mitbekommen, dass es Kooperationspartner gibt, die kleinere Gärten bzw. Grundstücke haben und auch inklusiv unterwegs sind. Dann kommt das Thema Barrierearmheit irgendwann automatisch. Es wäre schon gut, mit diesen Kooperationspartnern in den Austausch zu kommen

Franziska: Es ist wichtig, dass andere sehen, dass es möglich ist.

Sabine: Unser Hauptfokus ist das Thema Inklusion und der Austausch über das Gärtnern hinaus. Das ist notwendig und wichtig. Die Behindertenrechtskonvention ist so lange unterschrieben. Aber es passiert immer noch zu wenig in der konkreten Umsetzung. Wir sehen diesen Garten auch als Polarisierungsort. Das ist zwar ein bisschen hart ausgedrückt, aber wir wollen auch die Diskussionen über Inklusion anregen und den Austausch darüber fördern. Diese Fragen sind wichtig: Wie können wir kooperieren und uns vernetzen? Wie können wir voneinander lernen? Da sind die Erfahrungen, die wir jetzt machen, unschätzbar wertvoll. Trotzdem ist jeder Weg und jede Beantragung individuell. Besonders für Menschen mit Behinderung ist es immens schwierig. Da legt man nochmal eine Barriere drauf und nochmal und nochmal. Das ist mein Eindruck. Ich glaube, wir haben auch einen politischen Auftrag, dass Menschen zusammengeführt werden, die voneinander lernen können und zusammengehören.

Franziska: Es sollte zur Selbstverständlichkeit werden, alle aktiv teilhaben zu lassen. Im SALVIA gibt es dieses Bestreben, was mir imponiert.

Franziska: Ich bin seit 10 Jahren ein Mensch mit Behinderung. Den Blickwinkel eines einst körperlich fitten Menschen, kenne ich also noch. Meine „neue“ Perspektive auf das Leben hat mir einiges gelehrt. Vieles davon war bereichernd, einiges frustrierend. Im Alltag, sobald ich unter Menschen bin, werde ich beäugt. Oft werde ich plump und wenig empathisch auf meine Behinderung angesprochen und erfahre Diskriminierung oder aktiven Ausschluss weil Barrierefreiheit fehlt.

Meiner Meinung nach können Vorurteile und Scheu vor „Andersartigkeit“ nur in einer diversen Gesellschaft abgebaut werden. Es fiele jedem leichter, sich in andere hinein zu versetzen, wenn sie mehr Kontakt mit Menschen hätten, die z. B. eine Behinderung oder eine andere Nationalität haben, als man selbst. Gemeinsames Leben, Handeln und etwas bewegen in einer vielfältigen Gesellschaft lehrt und schult auch die Norm und nicht nur die Minderheiten. Es sollte zur Selbstverständlichkeit werden, alle aktiv teilhaben zu lassen. Im SALVIA gibt es dieses Bestreben, was mir imponiert.

Sabine: Es gibt für jede Behinderung eine spezielle Schule. Man wird von Kindergarten an schon ausgelesen. Es werden immer die integrativen Kindergärten erwähnt. Aber wie viele gibt es denn eigentlich wirklich? Warum nimmt man nicht einfach alle Kinder von Beginn an zusammen?

Franziska: Man lernt so viel voneinander.

Sabine: Wir wollen zukünftig auch selbst unsere Mitarbeiter aus- und weiterbilden.

Sabine: Unser Ziel ist es auch zukünftig im gärtnerischen Bereich auszubilden. Hierfür haben wir den pädagogischen und den berufsspezifischen Hintergrund. Wir müssen darum ringen, dass die Förderschüler nicht automatisch in die Werkstätten geleitet werden. In den Werkstätten für behinderte Menschen muss sich noch einiges tun. Es gibt da sehr gute Mitarbeiter, die sehr leistungsfähig sind und gerne mal auf dem 1. Arbeitsmarkt schnuppern wollen. Es ist nicht grundsätzlich eine Verwahrung In den Werkstätten. Jedoch gibt es das natürlich auch.

Wir sind mit dem Integrationsfachdienst im Gespräch, Um weitere Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Das geht nur stufenweise. Wir müssen die Kapazitäten und die Finanzierung dafür klar haben. Wir wollen zukünftig auch selbst unsere Mitarbeiter aus- und weiterbilden. Den ersten Schritt haben wir dieses Jahr gemacht. Wir hatten zwei Praktikanten aus der Förderschule für zwei Wochen mit im Garten .Wenn einer der Praktikanten gesagt hätte, dass er gerne hier arbeiten möchte, dann hätten wir sicher einen Weg dafür gefunden. Praktika sind auf jeden Fall machbar und dann im nächsten Schritt eine Modularisierung, sodass wir Mitarbeiter ausbilden können. Der Weg in die Selbstständigkeit, eigenes Geld verdienen, und dadurch Selbstbewusstsein aufbauen, das ist ein wichtiges Ziel. Zurzeit sind wir 6 haupt- und 5-6 ehrenamtliche Mitarbeiter. Die Gegenfinanzierung der hauptamtlichen Stellen erfolgt durch eigenerwirtschafteten Erträge

In den vorangegangenen Jahren zogen wir Jungpflanzen vor und verkauften Kräutertöpfe. Der Fokus lag letztes Jahr wegen Corona nicht auf dem Anbau sondern auf anderen Projekten. Wir haben unser Gewächshaus repariert, sodass wir nächstes Jahr bessere Bedingungen für den Anbau und die Voranzucht haben. Dann verkaufen wir vor Ort im Garten. Vielleicht entsteht auch ein Online-Shop bzw. wir liefern innerhalb von Leipzig per Lastenrad Bestellungen aus. Unsere Einnahmen kommen über den Bildungsbereich, durch die Ganztagsangebote im Garten oder in den Schulen bzw. über die Pflege- und Gestaltungsaufträge. Diese Aufträge kommen von Privatpersonen, die ihren Garten regelmäßig von uns pflegen lassen. Wir pflegen auch das begrünte Dach einer Werkstatt für behinderte Menschen.

Der Anbau ist momentan sekundär. Wir haben hier schon viele Leute da gehabt, die keine Erfahrungen mit der Arbeit im Garten haben. Wir freuen uns über Mithelfer und Unterstützer. Gerne erklären wir, was in der Erde so rumwimmelt und helfen beim Umgang mit Gartengeräten.

Franziska: Nächstes Jahr gibt es ein paar Workshops zum Thema „Boden“. Wir haben eine Kooperation mit dem Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz. Sie haben eine Virtual Reality Anwendung konzipiert. Damit kann man sich auf die Größe einer Kellerassel schrumpfen lassen und sich virtuell in der Erde bewegen. Es kommt vielleicht ein riesiger Kompostwurm oder ein Springschwanz auf einen zu. So wird das Thema Boden und dessen Bedeutung den Kindern spielerisch erklärt. Auch Experimente und Anwendungen für gesunden Boden sind geplant: Kompostieren, Bokashi herstellen, eine Kompost-Wurmbox bauen, oder auch Insekten bestimmen und Funde dokumentieren. Letztens haben wir hier einen Schwalbenschwanz gesehen. Das ist ein seltener Schmetterling. Dass wir ihn hier mitten in der Stadt gesehen haben, ist echt ein Traum.

Inklusion ist mit Hilfe von außen umsetzbar. Man muss sich nicht davor scheuen. Beim Planen neuer Projekte sollte von vornherein überlegt werden: Wen möchte ich hier, in meinem Ort, haben. Wenn ich alle haben möchte, dann gibt es entsprechende Fördermöglichkeiten, um wirklich alle teilhaben zu lassen. Inklusion von vornherein mitzudenken ist viel leichter als im Nachhinein Strukturen zu ändern.

Sabine: Bei mir gilt ein Satz: Machen! Natürlich muss man Pläne haben. Hindernisse machen nur stärker. Sich ausprobieren, Erfahrungen sammeln, machen! Wir als inklusives Team haben gemeinsam schon so viel geschafft und einige Barrieren beseitigt. Warum sollten wir nicht noch viel mehr schaffen? Als wir im März 2019 mit den ersten Freischnitt-Maßnahmen begannen, den ersten Bungalow abgerissen hatten, da war es für uns unvorstellbar, wie weit wir 2021 sein würden. Wieviel Geld hier auch schon reingeflossen ist, wieviel Finanzquellen wir erschließen konnten. Ich denke, aus den Erfahrungen und auch den Tiefpunkten, haben wir inzwischen gelernt: Wir können es gemeinsam schaffen.

Webseite des Vereins: https://www.gemeinsamgrün-leipzig.de/new/

Interview geführt am: 17.06.2021

Veröffentlicht am: 29.07.2021