Gebärdendolmetscher abgelehnt
Das Dresdner Sozialgericht lehnte kürzlich den Antrag zweier gehörloser Kinder auf Gebärdensprachdolmetscher in der Schule ab. Darüber informierte gestern das Netzwerk BilingualERleben, ein Zusammenschluss sächsischer Eltern und Fachkräfte - hörende und gehörlose Menschen.
Der 12-jährige Luis und die 10-jährige Lilly aus Freital besuchen die Förderschule für hörbehinderte Kinder in Dresden. "Uns ist seit längerem bekannt, dass die Lehrkräfte dort vorwiegend mit den Kindern sprechen. Je nach Kompetenz streuen Pädagoginnen und Pädagogen Gebärdenworte ein. In zusätzlichen Förderstunden soll dann aufgeholt werden, was im Unterricht nicht vermittelt werden konnte. Die Schule
sieht damit ihren Förderauftrag erfüllt", berichtet das Netzwerk BilingualERleben.
"Das ist ein Skandal und mir werden die Hände gebunden. Meine Kinder können dem Unterricht nur bruchstückhaft folgen. Meine Tochter hat bei Wettbewerben bereits Preise gewonnen für ihre Gebärdensprachgeschichten. Wenn die Lehrer an der Gehörlosenschule nicht die Deutsche Gebärdensprache können, dann müssen einfach Gebärdensprachdolmetscher eingesetzt werden!", so der Vater, René Mittländer. Er wünscht sich, dass seine gehörlosen Kinder in Deutscher Gebärdensprache unterrichtet werden und die UN-Behindertenrechtskonvention tatsächlich umgesetzt wird.
"Gebärdensprache ist die Muttersprache der Kinder und voll verständlich für sie", berichtet das Netzwerk BilingualERleben weiter. Deutsch müssen die Kinder schriftlich lernen. Aber ohne eine Erklärung in Gebärdensprache behindert das derzeitige System die Kinder. Nun wurde der Eilantrag der Kinder auf Gebärdensprachdolmetscher beim Sozialgericht in Dresden abgelehnt. Die Familie geht in Beschwerde und hofft auf eine positive Entscheidung beim Landessozialgericht in Chemnitz. "Jede weitere Verzögerung bewirkt das Verpassen oder 'Halbverstehen' schulischer Inhalte und damit die Behinderung von Bildungs- und Teilhabechancen für die beiden Kinder", mahnt das Netzwerk BilingualERleben.
"Uns sind Fälle von Eltern in Leipzig und Chemnitz bekannt, die ebenfalls geklagt hatten, weil sie an den dortigen Förderschulen für ihre hörbehinderten Kinder ebenso die Wissensvermittlung gefährdet sahen. Sie haben Recht bekommen", ergänzt das Netzwerk BilingualERleben. "Das Sozialgericht Dresden hingegen sieht keinen Grund und keinen Bedarf für Gebärdensprachdolmetscher für die gehörlosen Geschwister in der Dresdner Schule". Es lehnte daher den Antrag ab.
In Sachsen besuchen 293 Kinder mit Hörbehinderung die speziellen Förderschulen mit dem sogenannten Förderschwerpunkt Hören. Der Sächsische Behindertenbeauftragte Stephan Pöhler bestätigte dem Netzwerk BilingualERleben, dass bislang in Sachsen keine Lehrkraft über eine vollständige Gebärdensprachkompetenz für die Unterrichtung gehörloser Kinder verfügt.