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„Leipzig hält zusammen“ - das Plaudertelefon

Initiative vom Theater "Rote Rübe" und der VILLA in Leipzig

In der Phase der starken Kontakteinschränkungen sind an vielen Orten in Sachsen Unterstützungsangebote entstanden. "Leipzig hält zusammen" ist eines davon. Unsere Regionalbeauftragte für Leipzig, Sonja Golinski befragte den Initiator Robert Klement vom Theater „Rote Rübe“, Netzwerkpartner des Inklusionsnetzwerkes.

Das Projekt "Leipzig hält zusammen" vermittelt kostenlos eine Telefonfreundschaft und lädt zum Austausch ein, über das Hobby, die eigene Geschichte oder was einfach an diesem Tag geschehen ist, zu erzählen.

Lieber Robert – du hast als einer der ersten Leipziger die Initiative ergriffen und ein Angebot geschaffen, dass der Vereinsamung im Zusammenhang mit den Kontaktbeschränkungen durch Corona entgegenwirken sollte. Wie bist du auf diese Idee gekommen?

Egal, ob im Theater- oder Bereich der systemischen Beratung - in den Projekten, die ich organisiere, geht es darum, Dialog, Begegnung und Solidarität zu ermöglichen und zu fördern. Und das nicht nur für Menschen, die ohnehin im Austausch stehen. Ziel ist es, Verbindung zu schaffen – zwischen verschiedenen Generationen, Herkünften, Berufsgruppen, usw. Denn alle haben das Bedürfnis, sich mitzuteilen und mitzureden. Zuzuhören und gehört zu werden.

Als klar wurde, dass einige Veränderungen auf uns zukommen würden, sind sehr schnell viele solidarische Initiativen entstanden, die andere Menschen strukturell unterstützen wollen: mit Einkäufen, Essen kochen und Erledigungen verschiedenster Art. So wurden die sichtbaren Grundbedürfnisse abgedeckt, die unsichtbaren allerdings nicht. Da die VILLA Leipzig und ich ohnehin für verschiedene Theaterprojekte kooperieren, sind wir in Kontakt getreten. Wir hatten sehr ähnliche Vorstellungen und wollten Dialog fördern, um Einsamkeit entgegenzuwirken. Schnell ist so eine gemeinsame Projektidee entstanden.

Wie ist diese Idee von den Menschen aufgenommen worden? Wurde das Angebot genutzt? Falls ja, von wem? Ich stelle mir  schwer vor, an die Zielgruppe „Senioren“ heran zu kommen, weil sie meist kein oder wenig im Internet aktiv ist.
Generell hat das Projekt schnell Aufmerksamkeit bekommen – vor allem von jüngeren Menschen, die Senioren und Seniorinnen in dieser Phase unterstützen wollten. Das Projekt ist auch für uns ein work-in-progress: natürlich bestand die größte Herausforderung darin, Senioren und Seniorinnen zu erreichen. Wir haben versucht, die interessierten Unterstützer*innen einzubinden, indem sie Flyer in Apotheken und Supermärkte verteilt haben, damit diese den Besorgungsbeutelchen beigelegt werden. Unterdessen gibt es Projektteilnehmende aller Altersklassen, auch wenn wir gern noch mehr Senioren und Seniorinnen erreichen würden. Die Projektidee hat sich weiterentwickelt, hin zu einem Plaudertelefon: Interessierte können ihre Präferenzen angeben, mit wem sie sprechen wollen. So können jüngere Teilnehmer auch mit Jüngeren telefonieren oder ältere Menschen mit Telefonfreunden ihrer Altersklasse.

Gibt es besondere Momente, die du teilen möchtest? Hast du Erfahrungen gemacht, die du nicht erwartet hättest?

In den ersten Wochen haben wir viele Rückrufe gemacht, um zu schauen, wie die Telefonfreundschaften laufen. Da gab es allerlei spannende Rückmeldungen: junge, gleichaltrige Menschen, die zufällig einander zugeordnet wurden (auch das Computersystem musste erst passend eingerichtet werden) – und es vorzogen, die Telefonfreundschaft beizubehalten, weil ihnen der andere Kontakt gut tat. Ich find es toll und wichtig, wenn alle Teilnehmenden nicht nur helfen, sondern selbst etwas davon haben. Es gab auch die Rückmeldung einer jungen Künstlerin, die ihre ältere Telefonpartnerin in ein Videoprojekt involvieren wollte. Auch das war großartig – wir freuen uns, wenn mehr entsteht, als nur Telefonfreundschaften. Und natürlich freut es uns, wenn wir andere Projekte inspirieren – ich habe eine Rückmeldung von einem Mehrgenerationenhaus bekommen, dass sie unsere Idee – und unseren Leitfaden für Fragen – genutzt haben, um mit den Senioren und Seniorinnen dort in Kontakt zu bleiben und mehr über deren Lebensgeschichten zu lernen.
 

Was wird aus diesem Projekt, wenn die Kontaktbeschränkungen wieder aufgehoben werden?
Das ist eine gute Frage. Planbar ist es nicht, wie so vieles in diesen Zeiten. Die Vermittlung seitens der Villa wird erstmal weiterlaufen. Und genaues Wissen darüber, wie lange Telefonfreundschaften anhalten, haben wir nicht (auch wenn wir in der Zukunft Feedbacks dazu sammeln wollen). Auch wenn das normale Leben wieder losgeht und die Alltagsverpflichtungen zunehmen, ist klar, dass wir in unserer Gesellschaft mehr Austausch brauchen, speziell zwischen den Generationen. Den wollen wir weiter fördern. Wir haben anhand von Postleitzahlen versucht, darauf zu achten, dass Telefonfreunde nicht allzu weit voneinander entfernt wohnen – in der Hoffnung, dass auch Treffen oder weiterführende Kontakte möglich sind. Und sicher werden wir uns auch andere kreative Angebote überlegen, um Dialog und Begegnung zu fördern.
 

Danke für das Gespräch.
 

Informationen, wie sie mitmachen können oder wo Sie anrufen können:
https://villa-leipzig.de/zusammen/

Seniorin mit grauen welligen Haar steht vor dem Fenster und blickt hinaus, dabei hält sie ihre Hand an das Gesicht. Weiter steht auf dem Bild: Leipzig hält zusammen. Erzählen Sie ihre Geschichte

Einladung zum Plaudern ...