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Dr. Peter Münzberg, Dresden

Ich bin seit über 30 Jahren zur Fortbewegung im Wesentlichen auf einen Rollstuhl angewiesen. Damit komme ich auch gut zurecht.

Gesichter der Inklusion

Ich bin seit über 30 Jahren zur Fortbewegung im Wesentlichen auf einen Rollstuhl angewiesen. Damit komme ich auch gut zurecht.

Ich habe mit engagierten Partnern direkt nach der Wende begonnen, in Dresden und Sachsen Selbsthilfestrukturen aufzubauen. Wir haben die neuen Möglichkeiten genutzt, um uns zusammenzuschließen, gemeinsam Wünsche und Forderungen gegenüber Politik und Verwaltung vorzutragen und damit unmittelbar an der gesellschaftlichen Entwicklung teilzuhaben. Innerhalb kürzester Zeit ist es uns gelungen, die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen e.V. als Dachverband und weitere Selbsthilfe-Fachverbände zu gründen und ihre Arbeitsfähigkeit zu sichern.

Ich bin noch heute aktiv, bearbeite u.a. unser Internetportal www.selbsthilfenetzwerk-sachsen.de und engagiere mich im langjährigen Projekt „ÖPNV für alle“. Letzteres verfolgt das Ziel, öffentliche Verkehrsmittel für Menschen mit Behinderungen ohne Einschränkungen zugänglich zu machen. 

Es ist unsere gemeinsame Aufgabe dafür zu sorgen, dass unsere Gesellschaft mehr Verständnis für Vielfalt und Andersartigkeit entwickelt.

Inklusion ist aus meiner Sicht ein gesamtgesellschaftliches Problem. Wir können Menschen mit Behinderung nur in die Mitte der Gesellschaft einordnen, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: 

Die erste ist, dass die Betroffenen es selber möchten. Denn nur dann, wenn ich mich gegenüber meiner Umgebung öffne, wenn ich sage, welche Unterstützung ich benötige, kann mir geholfen werden. Auf der anderen Seite müssen die Menschen drum herum bereit sein, diese Hilfe zu gewähren und nicht die Flucht ergreifen, wenn sie sehen, dass irgendwo die „Säge klemmt“. Unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren sehr einseitig entwickelt. Viele sehen nur noch ihr Eigenes und sind nicht mehr bereit, etwas für ihren Nachbarn zu tun.

Es ist unsere gemeinsame Aufgabe dafür zu sorgen, dass unsere Gesellschaft mehr Verständnis für Vielfalt und Andersartigkeit entwickelt. Sicher müssen Politik und Verwaltung, soziale Organisationen, aber auch Wissenschaft und Wirtschaft Voraussetzungen schaffen, müssen Gesetze und weitere Regelungen so in Kraft gesetzt werden, dass Inklusion möglich ist. Zum Erfolg wird das jedoch nur führen, wenn wir alle bereit sind, diesen Grundgedanken im täglichen Leben mitzutragen und mitzugestalten.

Interview geführt am: 04.02.2019

Interview veröffentlicht am: 11.03.2019