Nichtwiederaufnahme der Förderung zur Wohnraumanpassung in 2025
(LAG SH Sachsen) Der Ende März 2025 von der sächsischen Staatsregierung vorgelegte Entwurf für den Doppelhaushalt 2025/2026 ließ es bereits erahnen. Doch bereits zwei Wochen später herrscht traurige Gewissheit – die Förderung Wohnraumanpassung für mobilitätseingeschränkte Personen wird in 2025 nicht wieder aufgenommen. Für 2026 heißt das nichts Gutes, denn was bekanntlich einmal beendet wurde, wird nicht wieder eingeführt.
Menschen mit Behinderung, welche die LAG SH Sachsen in wesentlichem Maße vertritt, können nun nicht mehr davon ausgehen, dass in diesem Zusammenhang getroffene Aussagen im sächsischen Koalitionsvertrag mit Inhalt gefüllt werden. In diesem heißt es: „Wir tragen der demografischen Entwicklung Rechnung und fördern verstärkt barrierefreies Bauen und Umbauen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Wohnungsförderung zielgenauer auf die Bedarfe von Menschen mit Behinderung eingeht.“
Der Bedarf an barrierefreiem Wohnraum ergibt sich aus dem Vorhandensein der menschlichen Vielfalt, hier insbesondere durch angeborene oder erworbene Behinderungen oder auch durch das Fortschreiten des Alterns. Dass dieses Wohnen in einem selbstbestimmten Rahmen erfolgen soll, gebietet unsere Verfassung. Aber auch finanziell – und damit haushaltspolitisch wichtig – ist diese Art des Wohnens anderen „Arten der Unterbringung“ deutlich überlegen.
Vorhandener barrierefreier Wohnraum entspricht nicht dem tatsächlichen Bedarf
Das Vorhandensein von barrierefreiem Wohnraum ist hingegen nicht ansatzweise dem Bedarf entsprechend. Für den Freistaat Sachsen wurde dazu bereits 2015 eine Studie in Auftrag gegeben, mit dem Ergebnis, dass zum Zeitpunkt der Studie 74.000 Wohnungen fehlten, welche die Bedarfe von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen erfüllen. Bis zum Jahre 2030 wurde der Bedarf auf 77.000 Einheiten geschätzt.
Die daraus entstandene Förderrichtlinie hat diesen Bedarf in den letzten 7 Jahren erfolgreich versucht abzubauen. Allein für den ehemaligen Regierungsbezirk Dresden ergab sich so eine Anpassung von Wohnraum in mehr als 5.000 Fällen, wobei die LAG SH Sachsen eine Anlaufstelle für die Beratung war. Bezogen auf den gesamten Freistaat sollte die Zahl etwas mehr als doppelt so hoch sein. Das ist ein großer Erfolg und zeigt, wie wichtig dieses Programm ist. Darüber hinaus verdeutlicht es, dass der Bedarf immer noch sehr groß ist und aufgrund der allseits bekannten demografischen Entwicklung nicht kleiner, sondern vielmehr noch größer wird.
Dementgegen steht ein stagnierender allgemeiner Wohnungsbau, welcher aber selbst bei besseren Zahlen den Bedarf in Zukunft nicht lösen kann. Gegenteilig führt die derzeitige Sächsische Bauordnung aufgrund ihrer Formulierung und ihrer nachgeordneten Bestimmung(en) nicht zur umfassenden Barrierefreiheit. Rollstuhlgerechte Wohnungen werden beispielsweise aufgrund dessen faktisch überhaupt nicht gebaut. Aber selbst wenn sich dieses deutlich verbessern würde, müsste jede neu gebaute Wohneinheit barrierefrei werden. Jede, nicht mindestens zwei pro Haus, nicht 10 Prozent, nicht die unterste Etage, JEDE! Das Problem heute würde es dennoch nicht lösen können.
Nichtwiederaufnahme des Förderprogramms steht im Widerspruch zur aktuellen Situation im Wohnungsbau
Diese Nichtwiederaufnahme des Förderprogrammes steht dazu in völligem Widerspruch. Das Problem ist akut! Und das Problem ist groß. Ebenso groß ist der Schaden, den der Freistaat durch den Verlust dieses Förderprogrammes verursacht – sozial-, innen- und finanzpolitisch.
Wohnen ist die grundlegende Notwendigkeit unserer Gesellschaft – nicht eine, sondern DIE! Erst danach kommt der Fußweg, die Straße, die Brücke. „Sachsen gestalten und in Zukunft investieren“ ist ohne Barrierefreiheit und die Schaffung von Teilhabe nicht möglich. Die Richtlinie kann und muss dabei weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Baukultur und Denkmalschutz sind zweifelsohne wichtig, sie entscheiden über das Wie, Barrierefreiheit entscheidet vorher schon über das Ob.