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Paradiso, Pirna

Ines: Mir ist es eigentlich egal wo wir spielen, Hauptsache ich bin mit den Jungs zusammen. Denn ohne die Jungs würde die Band nicht funktionieren. Wir sind ja nicht nur Bandmitglieder sondern auch Freunde.

Gesichter der Inklusion

Paradiso aus Pirna - das sind Ines, Stephan, Adam und Conrad.

Stephan: Uns gibt es seit 2011. Also schon fast zehn Jahre. Wir heißen Paradiso. In der Konstellation wie heute. Es gibt aber immer noch keine Platte von uns. Dieses Jahr ist es mit Sicherheit geplant. Ich bin an Räumlichkeiten dran. Dass wir dann auch mal konstant Aufnahmen machen können. Wir haben soweit alles da um das umzusetzen. Das müssen wir einfach in nächster Zeit in Angriff nehmen.

"Wir machen einfach das was uns passt und liegt." - Stephan

Was wir für Musik machen ist schwer zu sagen. Bei den ganzen Liedern die wir auf die Platte bringen werden kann man gar nicht von einer Musikrichtung sprechen. Die meisten Bands suchen sich eine Musikrichtung aus: Metal, Hip-Hop, Volksmusik, Schlager. Das ist bei uns nicht so. Wir haben keine Musik Richtung eingeschlagen. Wir machen einfach das was uns passt und liegt.

Adam: Ich würde es mal als Alternativ Rock bezeichnen. 70er Jahre Dekaden mit Einflüssen von Pink Floyd und Jimi Hendrix, Led Zeppelin, aber auch moderne Sachen wie Soul und Funk, die teilweise mit reinkommen. Weniger beeinflusst uns aktuelles Musikgeschehen oder das was im Radio kommt, das tangiert uns gar nicht.

Interessant ist wie wir unsere Lieder schreiben. Wir versuchen es möglichst frei zu spielen, die Lieder auswendig zu lernen. Es ist aber dann auch schwierig die Lieder festzuhalten. Denn oftmals ist eine Woche darauf dann schon wieder alles weg oder man überlegt, wer was gespielt hat. Mittlerweile nehmen wir es mit einem kleinen Digitalrecorder auf und dann kann man es auch noch mal abspielen. Wir schreiben unsere Songs und Texte sozusagen alle selber. Wir spielen nichts nach. Ausnahme wäre z.B. der Pirnaer Weihnachtsmarkt wo wir Weihnachtslieder spielen. Das ist aber eher eine Randerscheinung.

Ines: Wie wir uns kennengelernt haben? Das ist eine schwierige Frage. Ich und der Stephan haben uns in der Schule kennengelernt und haben dort Musik zusammen gemacht. Dann haben wir das einfach weitergeführt Nach der Ausbildung.

Adam: Ich, der Adam, bin 2007/2008 dazu gestoßen. Dazu muss man erwähnen, dass die Band damals noch mit einem anderen Schlagzeuger existierte. Mittlerweile spiele ich Schlagzeug und mache die Technik und bin Mädchen für alles. Stephan spielt Gitarre. Damals spielte ich noch Keyboard und dann hat sich der Ex-Schlagzeuger die Hand gebrochen und ich bin für ihn eingesprungen.

"Songs machen wir alle zusammen." – Ines

Stephan: Das Projekt Band mit behinderten Menschen ging damals in der Schule, an der Dr.-Pienitz-Förderschule in Pirna, los. Damals mit unserer Sozialpädagogin. Das zerschlug sich dann nach der Schulzeit, denn jeder ist seinen Weg in eine Behindertenwerkstatt gegangen. Und uns hat es dann damals gefehlt dieser Ausgleich. Diesen Ausgleich haben wir dann auch gesucht und so haben wir uns wieder zusammengeschlossen. Das was Ines erzählt hat, das war schon lange bevor wir uns in dieser Konstellation zusammengeschlossen haben.

Conrad: Ich singe, spiele Bass und Geige. Wir haben zwar lange nichts mehr mit Geige gemacht, aber das wird sicherlich wiederkommen.

Ines: Ich singe und schreibe die Songs mit. Songs machen wir alle zusammen. Stephan und Ines haben den Adam gezogen. Und Adam hat dann den Konrad gezogen. Wir haben uns dann zusammengesetzt und darüber geredet, ob wir uns das alle vorstellen können. Und so haben wir angefangen was Neues zu starten. 

Stephan: Warum heißen wir eigentlich Paradiso? Ines erkläre mal.

Ines: Das kam so, dass ich vorher einen Film gesehen hatte mit einem Menschen der eine Behinderung hatte. In dem Film sollten Menschen aus dem Gefängnis diesen Menschen mit Behinderung zu einem Berg hoch bringen. Dieser Berg heißt Paradiso. Und so kam mir die Idee mit dem Bandnamen. Am nächsten Tag habe ich den Jungs das erzählt und habe gefragt ob wir uns nicht Paradiso nennen wollen. 

"Ein Problem ist auch dass die meisten Veranstalter mittlerweile glauben dass wir kostenlos spielen sollten und das geht langsam nicht mehr." - Stephan

Stephan: Ist doch eigentlich eine schöne Geschichte. Zumal der Name einfach und einprägsam ist und jeder sich ihn merken kann.

Wir haben ja einen Proberaum den wir komplett selbst gestaltet haben mit den ganzen Eierpappen an der Wand. Die Elektronik haben wir selbst verlegt mit Hilfe von Kumpels. Die ganze Technik haben wir auf Eigenregie angeschafft und da steckt auch unser Kapital drin. Wir haben aber Unterstützung von der Stiftung Lichtblick. Das ist eine kleine Organisation, ähnlich Aktion Mensch, von denen wir Unterstützung erhalten haben. Wir haben uns dort angemeldet und dann konnten Leute für uns spenden. Von diesem Spenden konnten wir dann auch wieder Technik erwerben.

In der Regel proben wir einmal in der Woche. Wir versuchen zu allen Anlässen zu spielen. Wir haben schon auf dem „Markt der Kulturen“ in Pirna gespielt. Und auch schon in Plauen zum Lichtfest, ich glaube das war 2014.

Wir wollen uns aber politisch nicht instrumentalisieren lassen und distanzieren uns von jeglichem rechten Gedankengut. Mit solchen Parteien wollen wir nicht zu tun haben. Zum Glück sind wir mit solchen Leuten noch nicht in Kontakt gekommen. 

Das Feedback auf unsere Musik ist sehr unterschiedlich. Die Meinung reichen von gut bis hin zu wir können eure Musik in keine Schublade stecken. Eigentlich ist das ja ein Kompliment. Es kommt eben immer aufs Publikum an. Beispielsweise die Leute die bei ColoRadio Musik spielen die sind eh alle relativ alternativ die wissen unsere Musik einzuordnen. Wir hatten auch schon Auftritte, bei denen wir uns etwas fehl am Platz gefühlt haben. Z.B. an der Dreikönigskirche oder im Verkehrsmuseum das waren teilweise Katastrophen. Wir haben auch schon bei der Parade der Vielfalt mitgespielt. Das war eigentlich immer ganz gut aber einmal ist die Ines die Rampe runter geflogen weil die nicht abgesenkt war. Das war natürlich nicht so toll.

Ein Problem ist auch dass die meisten Veranstalter mittlerweile glauben dass wir kostenlos spielen sollten und das geht langsam nicht mehr.

"Inklusion finde ich gut." - Adam

Adam: Inklusion finde ich gut.

Stephan: Aus meiner Sicht kann ich sagen es gibt solche und solche. Aber auch unter den Behinderten gibt es solche und solche. Einige sagen wozu gibt es Behinderteneinrichtungen. Auch Behinderte sagen so etwas: Warum gibt es Behindertenwerkstätten. Sie wollen natürlich sofort auf den ersten Arbeitsmarkt. Diese Leute haben eben aber nicht die Sicht auf die Menschen die nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten können. Weil sie eventuell eine sehr starke geistige Beeinträchtigung haben. Oder die motorisch nur ganz kleine Arbeiten machen können. Was ist mit den Menschen? Für diese Menschen denkt dann keiner nach. Deshalb finde ich es positiv wenn es bleibt wie es jetzt schon ist. Das beides geht, das es immer noch Förderschulen gibt, aber eben auch die Möglichkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Behindertenschulen sollte es weitergeben.

"[…] ich würde mir wünschen, dass wir auch mal bei größeren Sachen wie den Filmnächten am Elbufer teilnehmen. Wir sind gut, aber wir bräuchten jemanden, der uns eine Chance gibt." - Ines

Adam: Wir wollen unabhängig bleiben. Wir wollen uns nicht an einen Sponsor binden oder an irgendeiner Behindertenwerkstatt von der wir dann abhängig sind. Zum Thema Geld: Ich finde es furchtbar, dass es Arbeitgeber gibt die sagen wozu braucht der Behinderte einen Mindestlohn. Wir müssen uns auch eine Wohnung leisten und bekommen nicht alles bezahlt. Wir würden gerne endlich unabhängig sein und Mindestlohn verdienen, und nicht immer jeden Cent umdrehen müssen. Wir wollen auch sagen: Ach komm, ich kann einfach mal in den Urlaub fahren für 200 Euro. Dass man sich eine schöne Wohnung leisten kann, den Führerschein machen und sich eventuell ein Auto leisten kann, das ist alles momentan utopisch.

Ines: Mir ist es eigentlich egal wo wir spielen, Hauptsache ich bin mit den Jungs zusammen. Denn ohne die Jungs würde die Band nicht funktionieren. Wir sind ja nicht nur Bandmitglieder sondern auch Freunde. 

Ich würde mir noch abschließend wünschen, dass wir auch mal woanders spielen könnten. Wir spielen zwar gerne für die Lebenshilfe und andere Vereine, aber ich würde mir wünschen, dass wir auch mal bei größeren Sachen wie den Filmnächten am Elbufer teilnehmen. Wir sind gut aber wir bräuchten jemanden der uns eine Chance gibt. Viel zu wenige hören unsere Musik.

Anmerkung der Redaktion: Die Band Paradiso hat am 06.12. ihr erstes Album veröffentlicht. Es heißt ( in Freundschaft ) und kann über die Band per Mail oder Facebook-Nachicht gekauft werden. Wir gratulieren herzlich zur ersten eigenen Veröffentlichung! 

Link auf die Facebook-Seite von Paradiso: https://www.facebook.com/Paradiso-rockt-Pirna-488005811212919/

Interview geführt am: 11.07.2019

Interview veröffentlicht am: 17.12.2019