Karola Köpferl aus Chemnitz
Über mich
Ich heiße Karola Köpferl.
Ich wurde 1990 geboren.
Ich wohne seit 4 Jahren wieder in Chemnitz.
Davor habe ich auch in München und China gewohnt.
Die meiste Zeit arbeite ich an der Technischen Universität in Chemnitz.
Kurz sagt man: TU Chemnitz.
Seit Sommer 2021 habe ich noch eine weitere Arbeits·stelle:
Ich vertrete die Junior∙professur Technik∙soziologie.
Das heißt: Ich unterrichte die Studenten in diesem Fach.
Meine Promotion an der TU Chemnitz
Ich schreibe noch an meiner Promotion.
Mit einer Promotion bekommt man einen Doktor·titel.
Das bedeutet: Man darf sich Doktor nennen.
Für ein bestimmtes Fach·gebiet.
Ein Doktor kennt sich gut in diesem Fach·gebiet aus.
Doktor zu werden ist schwer.
Man muss sich ganz genau mit einem bestimmten Thema von seinem Fach·gebiet beschäftigen.
Und darüber ganz viele Seiten schreiben.
Das nennt man Doktor·arbeit.
Mein Fach·gebiet ist: technische Assistenz∙systeme.
Ich finde zum Beispiel sehr interessant:
- Wie werden Hilfs·mittel für Menschen mit Behinderung entwickelt.
- Werden die Hilfs·mittel verbessert.
- Wie können sie älteren Menschen helfen.
- Können die Menschen die Assistenz·systeme gut bedienen.
Mit diesen Fragen beschäftige ich mich in meiner Doktor·arbeit.
Dabei merke ich aber auch:
Die Assistenz·systeme können ganz vielen Menschen mit Beeinträchtigungen helfen.
Schon immer habe ich mich viel damit beschäftigt.
Und mit Digital·technologien.
Zum Beispiel das Smart Home:
Der Begriff Smart Home kommt aus der englischen Sprache und bedeutet: schlaues Zuhause.
Es gibt auch besondere Wasser·hähne.
Die hören von allein auf zu laufen.
Wenn man fertig ist mit dem Hände waschen.
Besonders für Menschen mit Demenz ist das gut.
Demenz ist eine Krankheit und bedeutet:
Man vergisst ganz schnell alles.
Zum Beispiel was man gerade eben gemacht hat.
Die Brille kann auch ein Assistenz·system sein.
Es interessieren sich ganz viele Menschen mit Behinderung für technische Assistenz·systeme.
Ich beschäftige mich gern mit Systemen wie dem Screen·reader.
Das Wort Screen·reader kommt aus der englischen Sprache und bedeutet: Bild·schirm·vor·leser.
Der Screen·reader ist besonders gut für Blinde und Seh·behinderte.
Ich habe eine Behinderung
Ich habe Morbus Bechterew.
Das ist eine Auto·immun·krankheit.
Das bedeutet: Das Immun·system greift den eigenen Körper an.
Das Immun·system ist ein Schutz·system von dem Körper.
Es schützt den Körper vor Krankheiten.
Meine ersten Anzeichen von der Krankheit hatte ich in der Abitur·zeit.
Wenn man jung ist, bekommt man zuerst häufig zu hören:
Das liegt am Stress.
Bei mir verursacht die Krankheit vor allem Rheuma.
Besonders meine Finger sind betroffen.
Ich finde sehr spannend:
Wie viele Hilfs·mittel gibt es dafür und wie sehen sie aus.
Viele Hilfs·mittel sind sofort zu erkennen.
Jeder sieht gleich: Der Mensch hat eine Krankheit.
Weil er ein Hilfs·mittel braucht.
Ich habe mich mit der Zeit daran gewöhnt.
Und die Blicke stören mich nicht mehr so sehr.
So habe ich herausgefunden welche Krankheit ich habe
Bei mir hat es sehr lange gedauert.
Bis ich wusste: Was für eine Krankheit habe ich.
Am Anfang hatte ich Probleme mit dem Darm.
Der Darm ist ein Verdauungs·organ im Körper.
Ich habe viele Jahre Fußball gespielt.
Niemand hat gemerkt: Meine Lunge wurde immer schlechter.
Ich selbst habe es gemerkt.
Aber ich dachte: Ich muss mehr trainieren.
Aber die Lunge ist immer schlechter geworden.
Die Ärzte haben es erst festgestellt als ich schon 25 Jahre alt war.
Ich musste mich viel selbst schlau machen zu meiner Krankheit.
Die Ärzte haben mir nur gesagt:
Ich darf nicht bucklig werden.
Unser Gesundheits·system ist stark ausgerichtet auf ältere Menschen.
Für junge Menschen ist die Situation anders.
Es ist zum Beispiel schwierig:
- immer dran·zu·bleiben,
- immer etwas zu tun
- zu schauen: Welche Medikamente sind die richtigen.
Morbus Bechterew betrifft viele verschiedene Organe im Körper.
Das Verständnis dafür ist noch nicht so stark verbreitet.
Das bedeutet auch:
Die Ärzte von verschiedenen Fach·richtungen müssen dabei noch besser zusammen·arbeiten.
Um dem Patienten noch besser zu helfen.
Ich habe von den Ärzten oft gehört:
Sie müssen sich entscheiden:
Haben Sie Rheuma. Oder haben Sie Probleme mit der Lunge.
Nein! Ich habe beides!
Man muss dran·bleiben.
Und man darf nicht aufgeben:
- Um ein Untersuchungs·ergebnis zu bekommen.
- Um eine Behandlung zu bekommen.
- Man muss sich mit der Kranken·kasse herum·streiten.
Du kannst dich natürlich zu Hause hinsetzen.
Solche Tage habe ich auch.
Aber das Schlimmste ist: Gar nichts tun.
Für den Kopf und für den Körper.
Das Problem als Patient mit Morbus Bechterew ist:
An manchen Tagen geht es einem gut.
An anderen Tagen geht es einem schlecht.
Das passt nicht gut zu den meisten Arbeits·stellen.
Oft kann man nicht von zu Hause aus am Computer arbeiten.
Oder selbst entscheiden: wann arbeite ich.
Meine Studien·zeit
Das Studieren mit meiner Krankheit war schwierig.
Ich habe Schübe.
Das bedeutet: Ich habe gute und schlechte Tage.
An schlechten Tagen war es schwierig für mich zeitig zum Unterricht zu kommen.
Oder ich kam mit dem Bus und Bahn nicht barriere·frei nach Mittweida an meine Hoch·schule.
Da hat man bei der digitalen Lehre viel mehr Möglichkeiten.
Der Unterricht findet dann am Computer im Internet statt.
Bei digitalen oder vor allem hybriden Lehr·formen hat man mehr Wahl·freiheit.
Hybrid bedeutet: gemischt.
Die Vorlesung wird im Internet angeboten.
An der Vorlesung kann man aber auch im Hör·saal teilnehmen.
Deshalb biete ich meine Vorlesungen auch als hybriden Unterricht an.
Viele Menschen interessieren sich dafür.
Es werden Leit·fäden erstellt.
Ein Leit·faden ist eine Anleitung.
Dort kann man lesen: Wie macht man guten Hybrid·unterricht.
Ich selbst habe einen Leit·faden erstellt für die Hoch·schule Mittweida.
Die Koordinierungs·leit·stelle Chancen·gleichheit prüft auch ganz viele Leit·fäden.
Die guten stellen sie für jeden ins Internet.
Im Studium konnte ich die Anzeichen von der Krankheit ein bisschen ausgleichen.
Das heißt: Man muss viel organisieren.
Aber man kann mit einer Beeinträchtigung studieren.
Meine Arbeit
Es wurde schwieriger die Anzeichen von der Krankheit auszugleichen.
Als ich anfing zu arbeiten.
Auf der Arbeit hat man viel Stress und Verantwortung.
Ich dachte am Anfang: Ich muss mich einfach mehr anstrengen.
Meine frühere Chefin Mittweida hat mir geraten:
Ich soll im Lehr-Bereich Inklusion mitmachen.
Weil ich mich doch gut auskenne.
Zuerst habe ich zugehört bei den Lehr·veranstaltungen.
Später habe ich die Lehr·veranstaltungen geleitet.
Dadurch habe ich die Möglichkeit gefunden:
Ich kann selbst etwas gestalten und verändern.
Ich kann Politik machen.
Für mich selbst.
Und für viele Menschen mit Beeinträchtigungen in Deutschland.
Aus diesem Grund interessiere ich mich mehr für Politik.
Mich interessiert besonders:
Wie können die Digitalisierung und die Technik Menschen mit Behinderung helfen.
Barriere·freiheit ist die Grundlage für Inklusion.
Barriere bedeutet: Hindernis.
Ich hatte das Gefühl: Viele denken über Barriere·freiheit:
Das kann man machen, wenn Zeit ist.
Mit Corona kam die Krise und das bedeutete:
Jetzt ist keine Zeit für Barriere·freiheit.
Seit einigen Jahren beschäftige ich mich mehr mit dem Thema digitale Barriere·freiheit.
Und wegen Corona mussten Lehr·veranstaltungen über das Internet funktionieren.
Deshalb habe ich dann gesagt:
Wir schauen jetzt, dass wir das barriere·frei hinbekommen.
Wichtig war dafür zu werben: es soll allen Menschen etwas nützen.
Der Lehrer soll barriere·frei unterrichten.
Und die Hoch·schule soll barriere·freie Unterlagen zur Verfügung stellen.
Es tut sich langsam etwas.
Aber besonders bei Universitäten sieht man eine Behinderung noch als Leistungs·schwäche.
Dort braucht es noch viel Zeit zur Barriere·freiheit.
Aber wenn die Denk·weise nicht da ist: Barriere·freiheit und Inklusion sind ganz wichtig.
Dann sehe ich das sehr kritisch.
Ich setze mich auch viel für Inklusion und Teilhabe ein
Ich bin zusammen mit noch einer anderen Frau Vorstands·vorsitzende von von dem Kreis·verband Chemnitz von der Partei: Bündnis 90 die Grünen.
Seit dem Herbst 2019 bin ich auch Mitglied im Chemnitzer Behinderten·beirat.
Ich lerne dort sehr viel.
Ich schaue jetzt: Wo will ich mehr erreichen.
So ist meine politische Arbeit entstanden.
Inklusion beschäftigt mich in meiner politischen Arbeit.
Es muss auf jeden Fall mehr an der Inklusion gearbeitet werden.
Ich hätte mir gewünscht:
Die Regierung plant mehr für Inklusion zu unternehmen.
Aber das finde ich toll:
Man will sich um die Werk·stätten kümmern.
Wie bekommt man die Menschen aus den Werk·stätten und in andere Arbeits·plätze.
Zum Beispiel erstmal auf Probe.
Damit man sich austesten kann.
Damit man von der Förder·schule nicht immer gleich in die Werk·statt kommt.
Das ist noch sehr schwierig.
Aber es wäre wirklich gut.
Das kann man nicht so schnell ändern.
Das wird eine Zeit dauern.
Für die Unternehmen ist es schwer Unterstützung zu bekommen.
Um Menschen mit Behinderung zu beschäftigen.
Für die Unternehmen ist es einfacher einen Straf·beitrag zu bezahlen.
Dann brauchen sie keine Menschen mit Beeinträchtigung zu beschäftigen.
Diesen Straf·beitrag muss man erhöhen.
Dann kann man Menschen mit Behinderung besser fördern.
Ich habe eine Behinderung und mache Politik
Ich habe mich für ein politisches Amt beworben.
Dazu muss man Werbung bei den Wählern machen.
Das nennt man Wahl·kampf.
Wahl·kampf mit Schüben ist schwierig.
Ich brauchte an den Wahl·kampf·ständen immer einen Stuhl zum Hinsetzen.
Das war für mich und alle anderen eine gute Übung:
Man darf sich helfen lassen.
Manchmal schreiben mir Menschen.
Sie finden es gut.
Wenn ich sage welche Krankheit ich habe.
Sie sind auch krank.
Aber sie haben nicht den Mut es anderen zu erzählen.
Manche Menschen fragen sich vielleicht:
Wie behindert kann sie denn sein.
Wenn sie es schafft Wahl·kampf zu machen.
Man sieht mir die Behinderung nicht an.
Wenn ich mir Mühe gebe.
Das ist manchmal ein Vorteil.
Ich trage ich eine Skelett-Orthese.
Wenn ich auf Veranstaltungen lange stehen muss.
Das Skelett sind alle Knochen im Körper.
Eine Orthese kann man anziehen.
Sie stützt und entlastet das Skelett.
Besonders den Rücken.
Ich werde schon genauer angeguckt.
Weil ich mit Abstand die Jüngste bin.
Und weil ich eine Frau bin.
Aber man kann sich auch sehr schnell die Achtung der anderen erarbeiten.
Ich bin die einzige Frau unter den Bewerbern in Chemnitz für den Bundes·tag gewesen.
Der Bundes·tag besteht aus vielen Menschen.
Diese Menschen nennt man Abgeordnete.
Sie werden von der Bevölkerung gewählt.
Die Abgeordneten besprechen:
Soll es neue Gesetze geben.
Dann stimmen sie darüber ab.
Die politische Arbeit lohnt sich immer:
Vor allem in Sachsen.
Hier sieht man viele rechts·radikale Menschen.
Ich möchte etwas bewirken
Irgendwann habe ich für mich festgestellt:
Ich möchte etwas bewirken.
Ich möchte mich nicht nur bemitleiden.
Ich möchte tun, was ich tun kann.
Bis ich irgendwann vielleicht wirklich nicht mehr laufen kann.
Bis ich mich vielleicht wirklich nicht mehr beteiligen kann.
Es ist mein Anspruch zu sagen:
Du hast zwar eine Beeinträchtigung.
Aber du hast auch Fähigkeiten.
Ich möchte die Menschen feinfühliger machen.
Ich möchte kein Mensch sein der immer meckert.
Und ich möchte nicht immer auf alle Fehler aufmerksam machen.
Denn wir machen alle Fehler.
Menschen ohne Behinderung müssen nicht alles perfekt machen.
Ich möchte die Menschen viel lieber darauf hinweisen:
Wie können sie Fehler vermeiden.
Das dauert meistens lange.
Und es funktioniert nicht sofort.
Ich schaue lieber darauf:
Was habe ich schon alles geschafft.
Ich wünsche mir:
Dass alle daran arbeiten die Gesellschaft inklusiver zu machen.
Jeden Tag ein kleines bisschen.